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Wilder, schöner Atlantik

28 Tage: Wasser, Wasser und nichts als Wasser

Ein englisches Sprichwort sagt: Das Beste an der Ueberquerung eines Ozeans ist das Bier auf der anderen Seite. Stimmt, das Erste, was ich tue, nachdem wir sicher in Bobby's Marina in St. Maarten, N.A., fest gemacht haben, ist, zwei eiskalte und suendhaft teure Dosen Bier zu kaufen. Exakt 28 Tage hat unsere Atlantikueberquerung gedauert und sie war alles andere, nur nicht langweilig. Auf den Azoren hatten uns alle gesagt, nehmt bloss genug Diesel mit, ihr werdet von einer Flaute in die naechste fahren. Weit gefehlt, wir haben auf der ganzen Reise etwa 20 l verbraucht, das meiste davon waehrend der einzigen, ungefaehr 12 h dauernden Windstille. Den ganzen Sommer ueber haben wir uns regelmaessig die Wetterkarten angesehen und feststellen muessen, dass die klassischen Wetterlagen, wie sie in den Handbuechern und Segelanweisungen beschrieben sind, wohl so nicht mehr existieren. Ausgedehnte Schwachwindzonen, wie man sie auf einer direkten Route von den Azoren zu den Bahamas haette erwarten muessen, haben wir nie gesehen. Insofern schien uns das Risiko dieser ungewoehnlichen Route vertretbar zu sein. Unsere Fahrt hat uns durch eine der einsamsten Gegenden dieser Erde gefuehrt : ganze 5 Schiffe haben wir auf 3000 nm Ozean gesehen, die ersten beiden kurz hinter den Azoren, die anderen 3 Wochen spaeter schon in Karibiknaehe. Wale und Delfine haben wir auch nicht gesichtet, aber jede Menge Muell, nicht einen Fisch gefangen. Wolken, Wind und Meer haben uns in ihrem Bann gehalten, Sonnenauf- und Untergaenge verzaubert. Nachts haben wir so viele Sterne gesehen, wie noch nie in unserem Leben.

Am 24. November haben wir ein letztes Bier mit unseren Freunden in der Marina von Ponta Delgada, Sao Miguel, Azoren, getrunken, um dann bei schoenstem Wetter die Leinen loszuwerfen zu unserem bisher groessten Abenteuer. Wenige Tage spaeter wurde es dann richtig ernst. Hurrikan Olga, ein Nachzuegler der Saison, mit dem eigentlich keiner mehr gerechnet hatte, beschloss, noch einmal richtig Gas zu geben und ein paar hundert Meilen noerdlich von uns durchzuziehen. Die amerikanische Wetterfaxprognose liess uns den Atem anhalten: 50 kt Wind und Wellenhoehe durchschnittlich 7 bis 10m mit Kreuzseen in unserem Seegebiet. Wir befanden uns im gefaehrlichsten Quadranten des Hurrikans. Also Kurs Sued und so schnell wie moeglich weglaufen. In der Nacht wurde das Wetter dann so wie versprochen, heulender Sturm und brechender Seegang aus allen Richtungen, immer hoeher, immer chaotischer. Nach dem ersten knockdown (100º Kraengung, Saling und Masttop im Wasser, das Cockpit geflutet) mussten wir auch noch den letzten Fetzen Segel bergen, um festzustellen, dass wir auch ohne Segel noch 5kt Fahrt vor dem Wind machen. Die Windsteueranlage war dem nicht mehr gewachsen, die naechsten 20 std mussten wir von Hand steuern, 2std Gabriele, 2std ich. Als der Seegang dann etwas gleichmaessiger wurde, mussten wir wenigstens nicht mehr selbst steuern, aber der erste vorsichtige Versuch, etwas Segel zu setzen, fand erst 3 Tage spaeter statt.

Und so ging es dann weiter: 1 Tag Ruhe, 3Tage Sturm. Den Passat haben wir erst 200 nm vor der Karibik gefunden. Nachdem die Tiefdruckgebiete uns immer weiter nach Sueden gedraengt hatten, beschlossen wir dann irgendwann, die Bahamas aufzugeben und statt dessen eine von den Leeward Islands anzulaufen, St. Maarten schien am einfachsten. Am 20. Dezember morgens sind wir hier eingelaufen, ein bisschen muede, etliche Kilos leichter, aber gluecklich und zufrieden mit uns und unserem starken kleinen Schiff.


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