Hurrikan verwuestet Florida

Als Mitte Juli die ersten tropischen Stuerme durch die Karibik zogen, wurden wir doch langsam nachdenklich. Centennial Marina in Fort Myers ist relativ ungeschuetzt, besteht nur aus Schwimmdocks und der Fluss ist so breit wie die Elbe bei Cuxhaven. Nicht gerade ein "hurricane hole". Gabriele hat sich dann per Auto auf die Suche gemacht und bei LaBelle, hinter der ersten Schleuse des Okeechobee Waterway, eine voellig geschuetzte Winzmarina in einer kleinen Bucht gefunden. Unser Aussenliegeplatz, der einzig verfuegbare, waere einem Wirbelsturm zwar nicht gewachsen, aber die Bucht boete genuegend Ankermoeglichkeiten. Am 1. August haben wir dann unser Hab und Gut verholt, mitten in die Pampa, jede Menge Natur, Voegel, Alligatoren und Moskitos. Ohne Auto waeren wir hier verloren.

unser neues zu Hause, die von Gabriele genaehten Persenninge haben sich im tropischen Regen mehr als bewaehrt

Port LaBelle Marina, mitten im Land, abseits der Touristenstroeme, laendliches urspruengliches Florida

Segel runter, Charley kommt. Links vorne die hier ueberlebensnotwendige zusammengebastelte Klimaanlage

Taegliche Wetterabfrage per Wetterfax oder Internet ist uns zur Routine geworden. So wussten wir von "Charley" schon seit seiner Entstehung in der oestlichen Karibik. Die erste Warnung, dass es wirklich ernst werden koennte, war in den Computerprognosen vom 11.8. zu lesen. Mehrere Rechenmodelle von unterschiedlichen Institutionen waren sich bezueglich der Zugbahn ziemlich einig. Am Freitag, den 13., wuerde es uns treffen...

Frueh am naechsten morgen die neueste Prognose abholen und dann entscheiden, so war der Plan. Die Entscheidung fiel sehr schnell. Innerhalb weniger Stunden hatten wir alle Segel und Persenninge runtergeholt, alles, was Windwiderstand macht, von Deck entfernt. Nochmal einkaufen, tanken, die Telefonkarten aufladen und Bargeld holen. Wer weiss, wie es hier hinterher aussieht. Mittags haben wir dann das Schiff in die hinterste Ecke der Bucht verholt. Bug im Schilf, Kiel im Schlick, drei Festmacher zu kraeftigen Baeumen an Land und nach hinten zwei Anker an langen Leinen. Jetzt nur noch warten, die naechste Nacht haben wir nicht besonders gut geschlafen, und das nicht wegen der fehlenden Klimaanlage...

Freitagmorgen: Charley hat Kuba passiert und Key West viel Regen und maessigen Wind gebracht. Er wirkt relativ unorganisiert, kommt jetzt aber ueber die flachen und sehr warmen Wasser der Florida Bay, wo er richtig Luft holen kann. Noch Kategorie 2 mit Windgeschwindigkeiten bis 85 Meilen pro Stunde, aber vertiefend. Die Evakuierung der Kueste von Suedwest Florida laeuft auf Hochtouren. Wir koennen nur warten.

Eine Stunde spaeter siehts schon erheblich schlimmer aus: organisiert, 110 Meilen pro Stunde, Luftdruck im Auge stetig fallend. Noch rechnen alle damit, dass er wohl bei Tampa ueber Land kommen wird. Aber es kommt anders, in letzter Minute wird er einen Schlenker nach rechts machen und viele Menschen treffen, die damit ueberhaupt nicht gerechnet haben...

Gut zu sehen, das riesige Einzugsgebiet dieser Wind- und Regenmaschine. Die hier freigesetzten Energien sind unglaublich, die Auswirkungen auch.

15:45 Uhr Ortszeit: Charley macht seinen Landfall ueber Sanibel Island, 15 Meilen westlich von Fort Myers, 50 Meilen westlich von uns. Kategorie 4 (es gibt nur 5), 145 M/h Windgeschwindigkeit nahe dem Auge, das entspricht 240 km/h. Innerhalb weniger Stunden sind Zehntausende Menschen obdachlos, Hunderttausende Haeuser schwer beschaedigt, Industrieanlagen, Betriebe, Geschaefte, Hotels wertlos. Zehntausende Arbeitsplaetze sind einfach weg. 1,1 Millionen Menschen sind ohne Strom, Zehntausende ohne Wasser und Telefon. Der entstandene Schaden wird Tage spaeter auf ueber 15 Milliarden $US geschaetzt werden. Wir haben Glueck, ausser sintflutartigem Regen und Windboeen bis 70 kt, das sind auch noch 130 km/h, kriegen wir nicht viel ab. Schaeden an Schiff und Besatzung keine, nur die Anker sind am naechsten Morgen fast nicht zu bergen, so tief haben sie sich eingegraben. Bei Sonnenuntergang ist fuer uns alles vorbei und Charley verwuestet Orlando.

unser sicherer Hafen im Schlick, Aeola voellig nackt, die Sprayhood wird spaeter auch noch entfernt

Charley kuendigt sich an

sieht harmloser aus, als es war. waehrend der schlimmsten 2 Stunden konnten wir nicht mal aus dem Niedergang fotografieren

Charley hat eine Strasse der Verwuestung quer durch Florida gezogen, dann im Golfstrom nochmal Energie getankt, anschliessend naechster Landfall ueber den Outer Banks der Carolinas, fuer die das schon der 2. Hurrikan dieser Saison war. Sonntag mittag war er dann ueber Long Island, New York und seine Geschichte ist noch nicht zu Ende. Charley war der erste Hurrikan seit ueber 40 Jahren, der Suedwest Florida heimgesucht hat. Seit Beginn regelmaessiger Wetteraufzeichnungen haben nur 17 Kategorie 4 Wirbelstuerme Landfall in Kontinental USA gemacht, Charley war No. 18. Die Chance noch so einen Sturm waehrend eines Menschenlebens zu erleben, ist gleich Null - und wir legen auch keinen Wert darauf. Wir waren gut vorbereitet, haben rechtzeitig die richtigen Entscheidungen getroffen, aber wir haben auch ganz, ganz viel Glueck gehabt.

Interessanter Link zur DeeLight Homepage mit vielen dramatischen Bildern zu Charleys Verwuestungen.


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