News 18
von Gaspé nach Sydney, Nova Scotia
Golf von St. Lawrence, Madeleine Islands, Neufundland, St. Pierre, Sydney
Von der hauptsaechlich franzoesischen bewegen wir uns jetzt zur
bretonisch-baskisch-schottisch-irischen Besiedlung der Neuen Welt.
Die Seefahrt wird wieder spannender, der St.Lorenz Golf ist offenes
Meer. Das Wetter ist wechselhaft, wir haben Sturm oder Flaute, und
beides mit und ohne Nebel. Geduld ist angesagt und immer wieder
warten auf ein guenstiges Wetterfenster. Die Iles de la Madeleine
schenken uns ein Stueck Sommer und bezaubern mit goldenen Straenden,
tiefblauen Lagunen, baskischer Musik und originellen, tierisch gemuetlichen
Kneipen.
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Stressig ist die Passage nach Neufundland, 54
Stunden im Nebel, Maschine bei null Wind und Starren auf den Radarschirm.
Um uns herum jede Menge Verkehr, von dem wir nichts sehen. Aber
sie scheinen alle wirklich aufzupassen, keiner kommt uns zu nahe.
Trotzdem, dieser Blindflug ist mehr als unheimlich. Als wir die
Kueste erreichen, geht der Vorhang ploetzlich auf und gibt den
Blick frei auf die zerrissene felsige Steilkueste. Wir sind wie
gebannt von den atemberaubenden Ausblicken, Inseln, kleinen Buchten
und tiefen Fjorden mit voellig geschuetzten Fischerhaefen und
zerstreuten Siedlungen. Wir besuchen Burin und St. Lawrence an
der Placentia Bay.
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In beiden Haefen liegen wir zwischen den Fischern,
die uns freundlich und neugierig aufnehmen. Ihre wettergegerbten
Gesichter und schwieligen Haende, an denen haeufiger auch mal
ein paar Finger fehlen, zeugen von ihrem harten entbehrungsreichen
Leben.Im Dorfladen finden wir ein Buch ueber neufundlaendische
Geschichte, von der ersten Besiedlung im 16. Jahrhundert bis heute.
Mit leichtem Gruseln lesen wir abends in unserer warmen Kajuete
beim goldenen Licht der Petroleumlampe von Schiffbruch, Tod, Hunger,
Armut, knochenbrechender Arbeit, aber auch Heldentum, Ueberlebenswillen
und immer wieder Fisch, Fisch, Fisch... Der ist ja nun fast ausgerottet,
die Regierung hat Quoten festgesetzt, damit die Bestaende sich
erholen koennen, die aber regelmaessig unterlaufen werden (vor
allen Dingen von europaeischen Grand Banks Banditen).
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Geld verdienen sie gerade so viel, dass es
zum Ueberleben reicht. Die Fuersorge der Regierung in Ottawa ist
auch nicht viel besser als die der englischen Krone, unter deren
Arroganz und Missachtung sie jahrhundertelang gelitten haben.
Was haelt sie hier? "Es war schon immer so, so ist eben das Leben.."
und "Wir sind wie eine grosse Familie, woanders versteht uns sowieso
keiner." Stimmt, das, was sie sprechen, hat mit Englisch nicht
mehr viel zu tun. Auch wenn wir meinen, dass sie ein hartes Leben
fuehren, selten haben wir Menschen getroffen, die so zufrieden
sind und so viel lachen. Unsere Achtung vor der Leistung dieser
liebenswerten Insulaner waechst, ueberrascht sind wir, als wir
immer wieder hoeren, wie toll sie es faenden, dass wir mit unserem
kleinen Schiff bis zu ihnen gefahren sind.
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Den frischen Kabeljau zum Abendessen bekommen wir, fertig filettiert,
umsonst, die Liegegebuehren sind laecherlich, es gibt Wasser und
Strom, sogar Duschen. Auslaendische Segler sind hier die Ausnahme,
zu schwierig ist das Revier. Wie schwierig, wird uns unmissverstaendlich
klar gemacht, als wir versuchen, eine Passage zwischen Inseln im
ploetzlich aufkommenden Nebel mit 20m Sicht zu finden. Nichts fuer
schwache Nerven... - Fotografiert haben wir all diese wunderbaren
Menschen uebrigens nicht, weil wir das Gefuehl gehabt haetten, zu
sehr Eindringlinge in ihrer Welt zu sein und sie zu beleidigen.
Ohnehin haben wir schon ein schlechtes Gewissen, weil wir gar nicht
wissen, wie wir soviel Gastfreundschaft erwidern sollen. Wir koennen
nur versprechen, wenn euer grauenhafter Winter vorbei ist, kommen
wir wieder und dann mit viel mehr Zeit. |
Der Sommer ist kurz und wir muessen weiter nach Nova Scotia. Vorher goennen wir uns noch ein Stueck Frankreich vor der Kueste. Die Inseln St. Pierre et Miquelon sind nur 30 Meilen entfernt, franzoesisches Ueberseeterritorium und daher Euroland. Die kargen Steinhaufen, die nur duenn besiedelt sind, verwoehnen mit billigem Wein, gutem Kaese und allem, was den Gaumen des von Amerikas Essensgewohnheiten geplagten Reisenden gluecklich macht. Man setzt auf Tourismus. Wir machen die Bilgen voll und fahren nach 2 Tagen weiter Richtung Cape Breton Island. |

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Bis Sydney, der einzigen richtigen Stadt der Insel, brauchen wir
40 Stunden. In unserem Handbuch als Zentrum der Schwerindustrie
beschrieben, sind wir ueberrascht. Schoene frisch gebaute Uferpromenade
aus Holz, von Industrie nur Ruinen zu sehen, kleiner halbleerer
Yachthafen. Ein Spaziergang durch die Stadt offenbart, dass sie
zwar ihren kolonialen Charme bewahrt hat, aber deutlich bessere
Tage gesehen hat. Auch treffen wir kaum junge Leute. |
Der Niedergang der Schwerindustrie hat hier offensichtlich
hart getroffen. Aber das Einkaufszentrum ist nicht weit und der
Yachtklub nimmt unsere Post an. Wir koennen Waesche waschen und
dringend noetige Wartungsarbeiten erledigen. Der Wetterbericht
ist auch nicht so prall, Regen ohne Ende, wir beschliessen ein
paar Tage hier zu bleiben.
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